Dienstag, 29. November 2016

100 Tage 🇧🇪

Es war einmal ein Mädchen
…das träumte von der Welt. Von Schokolade, von Fritten und von leckeren Waffeln.
Und sie träumte vom Reisen, vom entlausen Treiben durch die Welt, vom Entdecken und Erleben. Von einem Abenteuer.
Und da entstand ein Traum. Und er war zunächst nur klein, ein unbedeutsamer Spross unter der Schneedecke. Aber er wuchs und wuchs.
Und viele Papiere, Unterschriften, Gespräche, Koffervollstopfungen und Abschiede später, war der Morgen gekommen.
Der 22. August
Rot angestrichen im Kalender.

Ein etwas gequältes Lächeln
Die automatische Erinnerung meines Handys erinnert mich daran, für den Fall, dass ich vergessen haben sollte, dass ich heute nach Belgien fahre.
Es klingt selbst jetzt, 100 Tage später, noch unrealistisch.
Denn alles begann wie ein normaler Morgen.
Alles war so normal, und doch so anders. Ein leerer Kleiderschrank. Ein leeres Bett. Ein leeres Zimmer. Tür zu. Koffer ins Auto. Ein letzter Blick aufs Haus. Und weg.
Ich war irgendwie geistig abwesend.
Ich weiß noch genau, wie in den Zug einstiegt, aufgeregt wie ein Pudel. Das die Waggonnummer vertauscht waren, hat es noch schlimmer gemacht 😂.
Ein letzter Blick, ein letztes Lächeln, ein Daumen hoch.
Die letzte Erinnerung. Ich muss diesen Blick einsaugen und für ein Jahr festhalten.
Und ich drehe mich um. Schaue nach vorne. Und ich weiß noch genau, was mir in dem Moment durch den Kopf gegangen ist.
Das ist es. Mein Traum. Von jetzt an bin ich alleine. Dieses Jahr ist mein Abenteuer.
Alles lief ab wie ein Traum. Ich musste mich immer wieder wach schütteln, und mich dreifach überzeugen, dass ich wirklich in Belgien.
Doch viel Zeit für philosophische Gedanken hatte ich dann doch nicht, bis der Zug im schönsten Bahnhof allerzeiten ankam.

Auf der Fahrt in mein neues zu Hause habe ich nicht nur realisiert, wie sehr ich noch an meinem Französisch arbeiten, ich habe auch die Straßenschilder wiedererkannt da ich die Strecke schon so oft mit Google Street View durchgefahren bin.

Und eine Millisekunde später sind 100 Tage herum.
Ein Wort, um diese Tage zu beschreiben?
Entwicklung.
Alles hat sich entwickelt.
Freundschaften, Vertrauen und Liebe.
Zu Menschen hier in
Und zu Menschen in Deutschland.
Aber am meisten entwickelt hat sich meine Wenigkeit.
Ich habe als neugieriges, aber unwissendes 'kleines' Mädchen Fuß auf belgischen  Boden gesetzt. Wie ein kleines Rehkitz, das mit geschlossenen Augen auf eine Klippe zurennt.
Aber ich bin nicht gefallen.
In diesen 100 Tagen habe ich gelernt, über die Klippe zu springen. Und über die nächste. Und die nächste.
Und ich bin bereit für 200 weitere Klippen.
Ich habe viel gelernt, über Menschen, die Natur und das Leben.
Ich weiß nun, dass du immer ein Handyladekabel dabei haben sollte. Und ein Handy natürlich. Und einen Regenschirm. Das ist wichtig in Belgien. Ich hab auch gelernt, dass Chucks nicht sehr passend sind bei Dauerregen und das man immer seinen Fahrradsattel abdecken sollte.

Und dass du immer die Tür abschließen musst und die Alarmanlage anmachen musst.
Aber vorallem habe ich herausgefunden, wie man alleine ist.
Das klingt vielleicht komisch für euch, weil ihr euch vielleicht denkt, alleine sein ist doch nicht so schwer, ihr sitzt ja jetzt auch alleine vorm Laptop in eurem Zimmer, pfft, kann doch jeder, was ist dabei.
Das dachte ich auch, aber es ist weitaus mehr.
Denn ich meine so richtig alleine sein. Ohne Sicherheitsnetz, ohne Freunde.
Ich bin meine eigene beste Freundin geworden. Und das ist nicht traurig. Das ist wichtig. Denn wenn ich jetzt zurückschaue, hatte ich vorher keinerlei Beziehung zu mir selbst. Immer fokussiert auf andere, immer am Kommunizieren mit jemandem, immer irgendwie in Kontakt, unterwegs, am Telefonieren, texten, Facebook, Instagram und was weiß ich noch alles. Immer für andere da.
Hier habe ich gelernt, für mich selbst da zu sein.
Wer bin ich eigentlich ohne meine Freunde und Familie? Ich, allein, als Person?
Die langen Spaziergänge am Kanal haben sich besonders hier bezahlt gemacht.
  Ich habe viel nachgedacht. Ich hab' mich überwunden. Mich meinen 'Ängsten' gestellt. Damit meine ich nicht das große Bild, dass ich ohne Mama und Papa nach Belgien gekommen bin, ich meine die kleinen Dinge.

Innere Stärke ist größer als du selbst
Ich meine, sich trauen, die fremde Carrefour-Verkäuferin auszusprechen, wenn man wissen will, wo die Socken sind.
Ich meine, in großen Menschenmengen nicht panisch das Weite suchen.
Ich meine, endlich die Dinge anfangen, die man schon immer machen wollte, denn jetzt ist verdammt nochmal die richtige Zeit dafür und wir sind jung und freier denn je.
Ich meine, fremde Leute anrufen.
Ich meine, alleine neue Dinge beginnen ohne deine beste Freundin an deiner Seite.
Ich meine, ein Gespräch mit dem netten Mädchen in der Schule zu beginnen, was mich immer so lieb anlächelt.
Wir sind heute gute Freunde.
Ich meine die Dinge, zu denen man in Deutschland wohl nie durchgedrungen wäre, wenn man es nicht gemusst hätte. Und die Dinge, die wahrscheinlich keiner versteht, der nicht selber an einem Punkt in seinem Leben da mal durch gemusst hat.
  Am Anfang des Jahres stand ich der Idee, alleine shoppen zu gehen, äußerst kritisch gegenüber. Aber ich hatte ja noch keine Freunde, und dann musste ich wohl oder übel. Und ich hab Zeit mit mir selbst verbracht. Und jetzt würde ich alleine shoppen vor allem bevorzugen (mit Ausnahme von meinen besten Freundinnen, keine Sorge Mädels ;)).

Nur irgendwo sitzen und über das Universum nachdenken, oder die Familie die ein bisschen weiter weg spaziert, und mich darüber wundern, wie viele Familien wohl heute ein Kind bekommen haben.
Und wie viele Familien eins verloren haben. Oder was wohl gerade in New York passiert.
Oder in Ghana.
Und wie viele Leben heute dahingeschieden sind. Und wie viele davon zurück auf die Erde gekommen sind.
Und was Liebe ist.
Und was ich alles noch machen möchte bevor ich sterbe.
Und was andere Menschen alles nicht machen können, bevor sie sterben.
Und ob es einen Gott da oben gibt.
Und ob Vampire und Meerjungfrauen vielleicht doch existieren.
Und was passieren würde, wenn man herausfände, dass sie existieren.

Das konnte ich vorher nicht, und ich finde es wichtig, dass man so etwas kann, denn wie viele Freunde du auch hast, am Ende des Tages bist es immer nur du.
Und egal, wo du bist und was dir passiert. Solange du dich selbst dabei hast, wirst du nie einsam sein.
Perfekt unperfekt
Und das ist es, was jeder immer meint mit diesem ganzen Selbstfindungsgedöns was ich vorher nie verstehen konnte. Ich war immer der Überzeugung, man kann doch nicht vergessen, wer man ist, es sei denn man hat Alzheimer oder Parkinson. Ich bin Tabea, ich mag Uhus und ich hasse Oliven wie kann ich mich noch mehr finden?! Und wie kann man sich überhaupt finden, such' ich unter Steinen und hinter Bäumen oder wat?
Abgesehen davon, dass ich der Meinung bin, dass man sich nicht endgültig finden kann, weil man sich ständig verändert, Veränderung ist Leben.
Aber es geht nicht darum.
Du könntest deine beste Freundin oder Freund in fünf Sekunden bis auf deren kleinstes Detail beschreiben. Du weißt ihre Meinung zu Religion oder Abtreibung oder den Sinn von mathematischen Ableitung und deren Gebrauch im täglichen Leben (der nämlich nicht existiert, es gibt Taschenrechner nicht ohne Grund :P). Du kennst ihre Talente sowohl als auch ihre Schwächen. Aber weißt du all diese Dinge über dich selbst? Kannst du dich nur mit deinen Gedanken beschäftigen?

Und das ist nur meine Auffassung von dem ganzen. Vielleicht stimmst du nicht zu, siehst es anders oder findest, dass ich aus 'ner Maus 'nen Elefanten mache. Aber dann war für mich das, was du als Maus siehst, der Elefant von vornherein.

Ich hab' gerade n bisschen den Faden verloren.
Egal, haha :D Belgien hat einen Platz in meinem Herzen gewonnen.
Und all diese Erinnerungen kann mir niemand nehmen. Das sind meine eigenen 'weißt du noch' Momente, die niemand anders verstehen würde und die ich nur mit mir selbst teile.
Und wenn ich nächstes Jahr wieder in Deutschland bin, und mich Leute fragen, ob ich denn Freundschaft geschlossen habe, dann sage ich ja, mit mir selbst, und sie wird ein Leben lang halten.
Und wenn sie fragen, ob ich denn Heimweh gehabt habe, dann sage ich nein, denn ich hatte alles und jeden in meinem Herzen bei mir.
Und wenn sie fragen, ob es denn schwierig war, dann sage ich ja. Und meine damit nicht das große Bild. Sondern all die kleinen Dinge, an die niemand denkt. Aber die mich täglich stärker gemacht haben.
Und allein deshalb ist es das alles sowas von wert.

Freitag, 18. November 2016

Herbstferien

Hallo ihr Lieben!
Ich hab beschlossen meine  Blogeinträge kreativer zu betiteln- hier eine Auswahl:
"Mit dem Fahrrad über Leichen", "Barfuß durch's Fegefeuer", "Poetisches Poabputzen" "Schlaflos in den Ferien", hach und das waren nur einige der Titel, die die letzen Wochen beschreiben könnten - fangen wir also an:
Am Freitag hatten wir den letzten Schultag des ersten Trisemesters und wie immer bin ich mit dem Fahrrad zur Schule gefahren. Man muss dazu sagen, hier in Pont-à-Celles beginnt die Schule um 8.10 und da ist es ja noch dunkel. Ich bin also losgefahren und hab nicht gesehen, dass ich mit dem Fahrrad über eine tote Ratte gefahren bin. Also ich es bemerkt hatte, hätte ich mich am liebsten übergeben! Aber naja Gott sei Dank gibt es hier immer Plützen die meinen blutverschmierten Reifen sauber machen konnten! In der Schule angekommen war dann alles wieder gut!
In Belgien werden eigentlich dauernd irgendwelche Interros geschrieben, eigentlich ist jeden Tag irgendwas. Aber an diesem besagten Freitag war es besonders schlimm! Wir haben einen Test in Chemie, Biologie, Geschichte und Geografie geschrieben! Das war echt genug 😂. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich alle total verhauen habe.... Aber naja !
Von allen anderen ATS in Belgien hab ich gehört, dass sie die meisten Probleme hier in Französisch haben aber bei mir ist es das Fach mit den besten Punkten! (Also nach Englisch und Sport)
Okay jedenfalls war Freitag der letzte Schultag und ich bin mit einer Freundin noch in den Lateinunterricht gegangen, weil ich sonst nichts zutun habe. Nach der Schule ging es dann heim und wir sind mit meinem Gastopa nach Wassenaar in den Niederlanden gefahren. Dort haben wir eine Woche verbracht und es war echt schön! Wir waren im Freizeitpark, am Strand und haben die Ferien genossen. Merci beaucoup!!! Geschlafen haben wir in einem kleinen Bungalow. Das Wetter war eigentlich okay. Klar hat es ab und zu mal geregnet aber das ist ja normal im Herbst!
Letzten Freitag sind wir dann wieder nach Belgien gefahren. Ich bin sehr dankbar für die schöne Woche!
Bis später! Tabea